SWOT-Analyse

Aufbauend auf der vorangegangenen Bestandsanalyse werden nun die spezifischen Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken der Wirtschafts- und Innovationslandschaft Brandenburgs herausgearbeitet. Im Fokus stehen dabei vor allem jene Faktoren, die den Einsatz von KI-Anwendungen in den Unternehmen begünstigen – oder aber vielleicht auch limitieren könnten. Die SWOT-Analyse[1] greift hier zuvorderst auf die Ergebnisse der zwei Expert:innen-Workshops[2] und der bilateral geführten Expert:innen-Interviews[3] zurück, berücksichtigt aber ebenso entsprechendes Umfrage- und Studienmaterial, mit dem die Analyseergebnisse gestützt und zusätzlich objektiviert werden soll. Die SWOT-Analyse legt schließlich den strategischen Grundstein für die Handlungsfelder und die Maßnahmen.

Stärken

Die Rahmenbedingungen für die Einführung und Nutzung von KI-Anwendungen in brandenburgischen Unternehmen in den kommenden Jahren sind grundsätzlich betrachtet gut. Dies gilt sowohl für Unternehmen, die KI im Rahmen der Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse nutzen, als auch für Unternehmen und Start-ups, die KI-basierte Angebote entwickeln und auf dem Markt anbieten wollen.

Die zentralen Stärken des Landes Brandenburg liegen hierbei vor allem in einer gut aufgestellten Innovationslandschaft. So verfügt das Land Brandenburg über eine starke Forschungs- und Hochschullandschaft mit einer äußerst anwendungsnahen KI-Forschung. Dazu gehören insbesondere Forschungsfelder wie die Robotik, Sensorik, Bilderkennung und das Datenmanagement. Die Metropolregion Berlin-Brandenburg gehört mit mehr als 50 Hochschulen und Universitäten sowie mehr als 100 nicht-universitären und weiteren Forschungseinrichtungen europaweit zu den Regionen mit der höchsten Forschungsdichte.

Hinzu kommt, dass an die Hochschulen bereits bestehende bzw. sich im Aufbau befindliche Forschungs- und Transferinitiativen zur Digitalisierung mit KI-Schwerpunkten angegliedert sind. Den Unternehmen, die sich mit der Nutzung von KI-Anwendungen auseinandersetzen wollen, stehen mit dem MediaTech Hub Potsdam und dem Digitalwerk in Werder sowie dem Mittelstandszentrum in Cottbus oder auch dem Innovationszentrum Moderne Industrie Cottbus etablierte, bekannte und gut vernetzte Transferakteure als Ansprechpartner zur Verfügung. Hinzu kommt die Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB). Sie steht als zentrale Anlaufstelle zum Thema Wirtschafts- und Arbeitsförderung mit Serviceangeboten für Investoren, ansässige Unternehmen und technologieorientierte Existenzgründungen zur Verfügung. Dort sind auch die Clustermanagement-Teams angesiedelt. Insbesondere das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft fungiert dabei als Scharnier zwischen den verschiedenen Branchen und unterstützt die clusterübergreifende Kooperationen beim Thema KI.

In Brandenburg gibt es einige Branchenschwerpunkte, die seit Längerem durch die Wirtschaftsförderung, insbesondere durch eine aktive Clusterpolitik, unterstützt werden. Die regionalen Clustermanagement-Organisationen haben zum Teil bereits Angebote zur Unterstützung von KI-Aktivitäten im Land etabliert und treiben die Entwicklung des Themas seit mehreren Jahren aktiv voran. Eine Vielzahl der identifizierten Anbieter, Anwender und Start-ups mit KI-Bezug sind dabei vor allem in den Branchen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), Medien- und Kreativwirtschaft, der Gesundheitswirtschaft, in der Mobilität- und Logistikbranche sowie in der Umwelt- und Energiebranche anzutreffen.

Eine weitere Stärke des KI-Standorts Brandenburg liegt in einer Förderlandschaft mit bereits etablierten Förderinstrumenten (ProFIT, BIG-iDgital und BIG-FuE), über die schon heute Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der KI gefördert werden können. Hinzu kommen die benannten Anlaufstellen für Digitalisierungsprojekte, die Anfragen zu Digitalisierungs- und KI-Vorhaben in Unternehmen unterstützen können.

Eine weitere Stärke ist schließlich die geografische Nähe zu Berlin. Gerade im Bereich IT gibt es bereits länderübergreifende Kooperationen und Aktivitäten. Hier zeigt sich, dass Brandenburg vor allem bei der Suche nach Fachkräften, Kapital oder Umsetzungs- und Kooperationspartnern von guten Anbindungen an die Bundehauptstadt profitieren kann. Schon jetzt werden mit dem Label der Metropolregion Berlin-Brandenburg gezielt IT-Fachkräfte aus dem Ausland angeworben.

Darüber hinaus unterstützt das Land Brandenburg entsprechend der bundespolitischen Ziele mit verschiedenen Maßnahmen den flächendeckenden Ausbau der digitalen Mobilfunk- und Breitbandinfrastruktur

Schwächen

Damit ein flächendeckender Einsatz von KI-Anwendungen in Unternehmen grundsätzlich möglich ist, müssen bestimmte Rahmenbedingungen - wie ein gewisser Digitalisierungsgrad der Wirtschaft[4], Zugriff auf Daten, die eine angemessene Qualität haben, und eine innerbetriebliche Akzeptanz[5] – gegeben sein . Im Folgenden werden daher die möglichen Schwachstellen der brandenburgischen Wirtschafts- und Innovationslandschaft bei dem Thema Digitalisierung herausgearbeitet.

Insgesamt weist die Digitalisierung der Wirtschaft in Brandenburg verschiedene Schwachpunkte auf, die sich jedoch regional sehr unterschiedlich auswirken. Genannt werden hier zunächst deutliche Defizite in der digitalen Infrastruktur – wie zum Beispiel ein mangelnder Zugang zum Breitband in der Fläche. Bestätigt wurde diese Einschätzung u.  a. durch eine aktuelle Umfrage zur Digitalisierung brandenburgischer Unternehmen, die vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Potsdam durchgeführt wurde. So gaben 40 Prozent der befragten Unternehmen an, weniger bis überhaupt nicht zufrieden mit dem Breitbandzugang zu sein. Lediglich 22 Prozent sind eher bis sehr zufrieden. Neben dem Breitbandausbau wurde auch die mangelnde Verfügbarkeit von lokalen Rechenzentren als Hemmnis für eine vertiefte Digitalisierung genannt: Hier besteht laut Aussage der Expert:innen ein erhebliches Handlungs- und Entwicklungspotenzial seitens der Politik.

Ein weiteres Hemmnis ist der geringe Digitalisierungsgrad der Brandenburger Wirtschaft, der sich exemplarisch an der Software-Nutzung innerhalb der Unternehmen offenbart: Während die Nutzung von Standard-Software[6] in fast allen Unternehmen voll und ganz gegeben ist (70 Prozent), bleibt die Nutzung von Spezialsoftware eher die Ausnahme. Die Frage, ob beispielsweise ein bereichsübergreifendes ERP-System[7] genutzt wird, beantworten 65 Prozent mit „trifft eher weniger“ bis „trifft überhaupt nicht zu“. Zudem lässt sich feststellen, dass digitale Anwendungen in Unternehmen nicht in allen Betriebsbereichen gleich stark eingesetzt werden: Während Software im Bereich Logistik und Supply-Chain-Management lediglich im jedem vierten bis fünften Unternehmen genutzt wird (22 Prozent), kommen in der Buchhaltung in 79 Prozent aller Unternehmen entsprechende Software-Lösungen zum Einsatz. Ein zentraler Erklärungsansatz für den bislang eher geringen Digitalisierungsgrad der Wirtschaft ist nicht zuletzt die sehr kleinteilige Unternehmensstruktur, in der u. a. das kleinbetrieblich strukturierte Baugewerbe im Land Brandenburg eine starke Stellung einnimmt.[8]

 

Auch wenn sich durchaus eine belastbare Akzeptanz der Belegschaft gegenüber digitalen Arbeitsweisen und Technologien in Brandenburger Unternehmen feststellen lässt, wird den möglichen Potenzialen von KI-Anwendungen kaum Beachtung geschenkt. Laut ZEW-Innovationserhebung für das Land Brandenburg[9] geben lediglich 3 Prozent aller Unternehmen an, dass sie der Nutzung von KI eine hohe Bedeutung beimessen.

Der Anteil an Unternehmen, die der KI-Nutzung eine geringe Bedeutung zugestehen, liegt demgegenüber bei 19 Prozent. Hieraus lässt sich u. a. ableiten, dass die Potenziale der KI-Wertschöpfung bzw. KI-basierten Geschäftsmodelle in vielen Fällen unbekannt sind und / oder hier kein signifikanter Return on Invest (ROI) gesehen wird.

Ein Blick in die Branchen zeigt dabei, dass die Bedeutung der KI-Nutzung je nach Branche durchaus unterschiedlich eingeschätzt wird. Während der Anteil von Unternehmen aus der Informations- / Kommunikationsbranche, die von einer hohen Bedeutung der KI-Nutzung ausgeht, bei immerhin noch 21 Prozent liegt, und nur 16 Prozent von einer geringen Bedeutung ausgehen, wird der Nutzen in anderen Branchen deutlich häufiger als gering eingeschätzt. So beispielsweise in der Elektroindustrie / Instrumententechnik (35 Prozent geringe Bedeutung, 3 Prozent hohe Bedeutung), Textil / Bekleidung / Leder (32 Prozent geringe Bedeutung, 0 Prozent hohe Bedeutung) oder Maschinen- / Fahrzeugbau (30 Prozent geringe Bedeutung, 0 Prozent hohe Bedeutung) (siehe Abbildung 17).

Eine weitere Schwäche, die im Rahmen der SWOT-Analyse von den Expert:innen als deutliches Hemmnis bei der Einführung und Nutzung von KI in Unternehmen identifiziert wurde, ist ein signifikanter Fachkräftemangel, der regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.

Hinzu kommt, dass die Anzahl der Absolvent:innen im Land Brandenburg mit einem einschlägigen Hochschulabschluss[10] zwar stabil, aber im Hinblick auf die Studienanfänger:innen auf einem sehr niedrigen Niveau stagniert und zu gering ist, um den Fachkräftebedarf im Land zu decken. Ein Vergleich der Zahlen von Studienanfänger:innen und Hochschulabsolvent:innen in Abbildung 18[11] zeigt, dass die durchschnittliche Abschlussrate pro Studienjahr bei knapp 29 Prozent liegt.[12] Dies bedeutet gleichzeitig, dass mehr als 70 Prozent aller Studienanfänger:innen in den als KI-relevant eingestuften Fächern keinen Hochschulabschluss erlangt haben. Neben einem Studiengangwechsel oder einer Exmatrikulation kann auch der Hochschulwechsel in ein anderes Bundesland als Erklärung herangezogen werden.

Generell festzuhalten ist, dass es derzeit kaum oder nur mit großer Mühe gelingt, Studierende von brandenburgischen Hochschulen im eigenen Bundesland zu halten. Auch wenn die Unternehmen in Brandenburg auf das Fachkräftepotenzial der Hauptstadtregion prinzipiell zurückgreifen können, dürfte in der gesamten Metropolregion in diesem Bereich ein Wettbewerb um die besten Fachkräfte bestehen. Damit bleibt der Fachkräftemangel ein zentrales Wachstumshemmnis auf dem Weg zu mehr KI-Anwendungen in brandenburgischen Unternehmen.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist ein gut funktionierendes KI-Innovationsökosystem. Für Brandenburg ist aktuell festzuhalten, dass die Akteurslandschaft im Hinblick auf das Verhältnis von Anbietern, Anwendern und Enablern zwar ausgewogen, aber relativ klein und stark fragmentiert ist.

Zudem ist die Nutzung von KI-Anwendungen in brandenburgischen Unternehmen derzeit noch auf einem niedrigen Niveau, sodass Best-Practice-Beispiele, von denen andere Unternehmen lernen können, kaum bekannt sind. Darüber hinaus wird die Öffnung der Wirtschaft inklusive Großunternehmen von den Expert:innen als noch unzureichend benannt. Dies ist insofern bedeutend, da eine KI-Wertschöpfung erst in vertrauensvoller Kollaboration in Wertschöpfungs-Ökosystemen ihr volles Potenzial entfalten kann.

Ein großes Hemmnis auf dem Weg hin zu einer flächendeckenden KI-Nutzung in Unternehmen ist schließlich die geringe Innovationsaktivität der brandenburgischen Wirtschaft, die – wie bereits erläutert – vor allem durch klein- und mittelständische Unternehmen geprägt ist. Große Industrieunternehmen und Fertiger, die als direkte KI-Anwender im Land ansässig sind, haben in Brandenburg in der Regel lediglich Niederlassungen.[13] Dementsprechend findet ein Großteil der Innovationsaktivitäten nicht in Brandenburg statt, sondern an den Stamm- bzw. Hauptsitzen der Unternehmen. Zudem haben kleine und mittelständische Unternehmen oftmals ein zu gering ausgeprägtes Verständnis für die Machbarkeit und Implementierung von datenbasierten Geschäftsmodellen und KI-Anwendungen, wie bereits in Abbildung 16 zur Einschätzung von Unternehmen zur Nutzung von Maschinellem Lernen oder KI verdeutlicht wurde.

Erschwerend kommt insbesondere bei KMU häufig ein Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen hinzu, die jedoch zur Implementierung von KI generell vorhanden sein müssen. Der Zugang zu Kapital und Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen ist dabei in Brandenburg genau wie in vielen anderen Regionen in Deutschland oftmals schwierig. Umso erstaunlicher ist vor diesem Hintergrund, dass vorhandene Förderinstrumente für Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung und KI-Anwendungen von Unternehmen kaum genutzt werden und damit mögliche Innovationspotenziale ungenutzt bleiben.

Wie Abbildung 19 deutlich zeigt, haben rund 71 Prozent der befragten Unternehmen bislang noch keine (finanziellen) Förderprogramme in Anspruch genommen.[14] Als Grund werden unter anderem der Zeitaufwand zur Beantragung genannt, der in keinem Verhältnis zur eigentlichen Förderung steht.[15]

Zu einem ähnlichen Schluss kommen auch die befragten Expert:innen. Sie bemängelten, dass kontinuierliche Ansprechpersonen für KI-interessierte Unternehmen oftmals fehlten bzw. nicht ausreichend bei der Zielgruppe bekannt seien.

Chancen

Eine der zentralen Chancen für das Land Brandenburg basiert auf den Folgen des Strukturwandels in der Lausitz. Hier besteht die Möglichkeit einer gezielten Ansiedlung von KI-relevanter Infrastruktur wie Rechenzentren in der Lausitz, für deren Aufbau und Entwicklung vorhandene Strukturfördermittel eingesetzt werden können.

Obgleich die Akteurslandschaft für das Thema KI im Land Brandenburg eher klein und fragmentiert ist, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich mit dem Land Berlin international als „Start-up Center Europe“ zu positionieren und KI-Aktivitäten in enger Kooperation mit der Digitalwirtschaftsszene Berlins voranzutreiben. Durch die räumlichen Voraussetzungen sind weitreichende Möglichkeiten gegeben, Testfelder in einem geografisch vielseitigen Gebiet für die Erprobung von KI-Entwicklungen aufzusetzen.

Basierend auf dem regionalen Branchenmix erscheinen vielseitige Einsatzmöglichkeiten sowohl innerhalb der bestehenden Branchen als auch Einsatzgebiete zwischen diesen Branchen möglich.[16] Dabei können die bestehenden Infrastrukturen[17] gezielt weiterentwickelt werden, um eine mittelfristige Kontinuität der Maßnahmen zu gewährleisten. Um die Anwendung von KI-Technologien in der Breite der Wirtschaft zu unterstützen, können die bestehenden Anlaufpunkte zur Digitalisierung in die Lage versetzt werden, neben der Beratung zu Digitalisierungsvorhaben auch KI-Anwendungen in den Blick zu nehmen. Um die Entwicklung der KI-Kompetenzen in der Region in der Spitze zu entwickeln, können dabei die bestehenden Clusterstrukturen und die KI-spezifischen Angebote gestärkt werden. Es kann darüber hinaus aber auch eine eigene Netzwerkstruktur geschaffen werden, um die relevanten KI-Akteure über Branchengrenzen hinweg zu vernetzen.[18]

Zu den großen Chancen zählt zudem die hervorragende Hochschul- und Forschungslandschaft Brandenburgs, die grundsätzlich das Potenzial hat, mit einem äußerst dynamischen und breit gefächerten Studienangebot dem steigenden Bedarf an passgenau ausgebildeten Fachkräften zu entsprechen. Voraussetzung hierfür ist eine höhere Attraktivität des Wirtschaftsstandorts, um eine Abwanderung der Studierenden und der ausgebildeten Fachkräfte zu verhindern.

Neben den sehr klassischen KI-relevanten Fächern wie beispielsweise Wirtschafts- / Informatik sowie Wirtschafts- / Mathematik und Computer Science zählen seit einigen Jahren auch Studiengänge wie eBusiness, Digital Entrepreneurship, Applied Computer Science, Computerlinguistik, Medizinische Informatik, Data Engineering und Data Science sowie Computational Science zum festen Angebot an Brandenburgs Hochschulen.[19]

Risiken

Das grundsätzliche Risiko für viele Unternehmen in Brandenburg besteht darin, bei aktuellen Entwicklungen in Bezug auf Digitalisierung und KI-Anwendungen den Anschluss zu verlieren. Damit wären  Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsstärke der Unternehmen gefährdet. Gerade bei plattformbasierten Geschäftsmodellen besteht die Gefahr, dass die Wertschöpfung außerhalb der Region stattfindet und damit auch ein Verlust von Wissen in der Region einhergehen kann.

Vor allem die digitale Infrastruktur ist dabei ein entscheidender Standortfaktor für die Unternehmen. Gelingt es nicht, die passenden Standortbedingungen zu gewährleisten, droht eine Abwanderung von Unternehmen und Daten und damit von Wertschöpfung in andere Regionen von Deutschland und der Welt. Damit verknüpft droht eine Abwärtsspirale, wobei ein Verlust an Attraktivität des Standorts für Unternehmen wegen mangelnder digitaler Infrastruktur und geringer Fachkräfteverfügbarkeit auch eine geringere Attraktivität für Fachkräfte nach sich zieht.

Ein weiteres Risiko liegt darin, eine ganz zentrale Zielgruppe nicht zu erreichen: die KMU. Diese wurden von regionalen Expert:innen aufgrund der Branchenstruktur in Brandenburg zu großen Teilen als „rural, konservativ, allein agierend und hemdsärmelig“ bezeichnet. Vor allem in den Bereichen Produktion, metallverarbeitende Industrie, dem Logistik-Sektor und der Agrarwirtschaft besteht dabei eine besonders große Herausforderung, die Unternehmen anzusprechen und zu mobilisieren, KI-Anwendungen für ihre jeweiligen Unternehmen anzugehen. Zumeist liegt bei dieser Zielgruppe eine zu geringe Kenntnis über das Wertschöpfungspotenzial bzw. den Innovationsdruck vor. Hier besteht konkret die Gefahr, dass die genannten Branchen und Unternehmen vom Markt überholt werden. Ebenso spielt vor allem für KMU das Thema der digitalen Datensouveränität eine wichtige Rolle. Werden Daten an Dritte zur Nutzung von KI-Anwendungen weitergegeben, bedarf es einer Sensibilisierung für die potenziellen Folgen wie z. B. im Hinblick auf die DSGVO[20].

Übergeordnet besteht derzeit bei vielen KI-Anwendungen das Risiko einer sich noch in den Anfängen befindlichen Regulierung auf den Ebenen der EU und des Bundes. Es droht die Gefahr, dass ganze Geschäftsmodelle durch eine mögliche Überregulierung scheitern.

  1. SWOT steht für die englischen Termini „Strengths“ (Stärken), „Weaknesses“ (Schwächen), „Opportunities“ (Chancen) und „Threats“ (Risiken).
  2. Workshops: Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde zwei Expert:innen-Workshops mit insgesamt elf bzw. zwölf regionalen Schlüsselakteure aus Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft durchgeführt. Die in der SWOT-Analyse identifizierten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken basieren maßgeblich auf den Aussagen der Workshop-Teilnehmenden.
  3. Interviews: Im Rahmen der Studie wurden insgesamt elf Expert:innen-Interviews durchgeführt. Die in der SWOT-Analyse identifizierten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken basieren maßgeblich auf den Aussagen der befragten Expert:innen.
  4. Prognos AG (16. Juli 2021): Evaluierung und Fortschreibung des strategischen Handlungsrahmens Daten zum BIG-Instrumentarium (Studie im Auftrag des MWAE), S. 8. hierzu vgl. Kapitel „1.2. Herausforderungen und Hemmnisse für Unternehmen beim KI-Einsatz“, S. 8ff.
  5. Siehe ebd. S. 8ff.
  6. Herbst, Jutta (2021): Partnerkreisstudie: Wie digital ist Brandenburgs Wirtschaft? Lehrstuhl für Marketing, Universität Potsdam, S. 22. https://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/marketing/images/Startseite/News/2021/MBS_Auswertung_final.pdf . Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 102 (n = 102) Unternehmen aus den unterschiedlichen Branchen befragt
  7.  z. B. MS-Office-Anwendungen ohne individuelle. Anpassung.
  8. Das Akronym „ERP“ steht für „Enterprise Resource Planning“ und bezeichnet eine bereichsübergreifende Softwarelösung eines Unternehmens, mit der eine Vielzahl von Geschäftsanwendungen und Betriebsdaten in einer zentralen Datenbank verarbeitet und gespeichert werden.
  9. Rund 69 Prozent aller Unternehmen im Land Brandenburg sind als Einzelgewerbe angemeldet (68.854 Einzelunternehmen bei 99.892 bei gemeldeten Unternehmen insgesamt); rund 17.800 der gemeldeten Unternehmen werden dem Baugewerbe zugeordnet. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2020): Statistischer Bericht. Rechtliche Einheiten und Niederlassungen im Land Brandenburg 2019 (Stand: Unternehmensregister 30.09.2020), Seite 4. https://download.statistik-berlin-brandenburg.de/834d17de570008e5/ 
    Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) (2021): Ergebnisse der Innovationserhebung Brandenburg 2020. Berichtsjahr: 2019. Die Innovationserhebung Brandenburg 2019 wurde vom ZEW im Auftrag des Landes Brandenburg (Ministerium für Wirtschaft und Energie) durchgeführt. Sie hatte zum Ziel, die Innovationsaktivitäten der Unternehmen in Brandenburg im Berichtsjahr 2019 in einer national und international vergleichbaren Form zu erheben. Hierzu wurde die Innovationserhebung Brandenburg als Zusatzerhebung zur Deutschen Innovationserhebung konzipiert. Die Deutsche Innovationserhebung wird vom ZEW jährlich im Auftrag des Bundesforschungsministeriums durchgeführt. Die Bruttostichprobe der Innovationserhebung Brandenburg 2020 basierte auf der Stichprobe für die Innovationserhebung Brandenburg 2019 und umfasste 3.866 Unternehmen. Darunter waren 983 aus der Haupterhebung der Deutschen Innovationserhebung und 2.883 Unternehmen aus der Zusatzstichprobe. Die Stichprobe wurde aus dem Datenbestand des Mannheimer Unternehmenspanels (MUP) gezogen, das vom ZEW in Zusammenarbeit mit Creditreform geführt wird. Die Innovationserhebung Brandenburg 2019 zielt auf alle rechtlich selbstständigen Unternehmen mit Sitz im Land Brandenburg, die im Berichtsjahr 2019 fünf oder mehr Beschäftigte hatten. Die Definition von „Beschäftigten“, die für die Größengrenze von 5 Beschäftigten herangezogen wird, wurde im Berichtsjahr 2019 im Unternehmensregister geändert. Bis zum Berichtsjahr 2018 beruhte sie auf der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Ab dem Berichtsjahr 2019 werden die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie die geringfügig Beschäftigten betrachtet. Dadurch hat sich die Anzahl der Unternehmen im Berichtskreis im Berichtsjahr 2019 gegenüber dem Berichtsjahr 2018 um rund 16 % (von ca. 7.100 auf ca. 8.250) erhöht. 
  10. Grundlage für die Auswahl der betrachteten Studiengänge sind die auf der Plattform Lernende Systeme gelisteten KI-spezifischen Studiengänge im Land Brandenburg.
  11. Hinweis: Einzelne Werte für die Anzahl der Hochschulabsolvent:innen <5 wurden aus statistischen Geheimhaltungsgründen („Datenschutz“ nach HS-Statistikgesetz) für die vorliegende Grafik auf den Wert „5“ heraufgesetzt. Die übermittelten Gesamtangaben pro Studienjahr können dadurch im Einzelfall um jeweils ca. 20 Hochschulabsolvent:innen p. a. abweichen. Zahlen für die Studiengänge an der XU Exponential University of Applied Sciences, der Europa-Universität Viadrina Frankfurt liegen bislang nicht vor und bleiben daher unberücksichtigt. Berücksichtigt werden die Hochschulabschlüsse Bachelor (BA), Master (MA), Lehramt-Bachelor (LA-BA), Lehramt-Master (LA-MA), Magister, Diplom sowie abgeschlossene Promotionen. Eine Übersichtsgrafik mit Zahlen der Studienanfänger:innen und Hochschulabsolvent:innen, aufgesplittet nach Studiengängen, ist im Anhang aufgeführt.
  12. Details zur Verteilung finden sich in Tabellen zu Studienanfänger:innen und Hochschulabsolvent:innen im Anhang.
  13. Eine sehr prominente Ausnahme ist die Hauptniederlassung von Rolls-Royce Deutschland in Dahlewitz. 
  14. Herbst, Jutta (2021): Partnerkreisstudie: Wie digital ist Brandenburgs Wirtschaft? Lehrstuhl für Marketing, Universität Potsdam, S. 33. https://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/marketing/images/Startseite/News/2021/MBS_Auswertung_final.pdf 
  15. Freitextantworten teilnehmender Unternehmen an der Partnerkreisstudie bezugnehmend auf das bestehende Förderangebot: „Prozess bei der Bearbeitung verschlanken“ bzw. „Der Aufwand und die Abwicklung von Förderung stehen in keinem Verhältnis.“ Siehe ebd. S. 34.
  16. Sogenannte „Cross Innovationspotenziale“ Vor allem die Transferinfrastrukturen, regionale Förderinstrumente und die aktive Cluster- und Netzwerkpolitik.
  17. Ein entsprechender Vorschlag wird in Kapitel 5.3 Vernetzung (Abbildung 21) bzw. Kapitel 5.8 Übergeordnete Maßnahmen (Abbildung 23) dargestellt.
  18. Zu den KI-relevanten Studiengängen siehe Plattform Lernende Systeme www.plattform-lernende-systeme.de. Die aufgeführten Studiengänge können an der Technischen Hochschule Brandenburg, der Universität Potsdam, der XU Exponential University of Applied Sciences, der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und der Technischen Hochschule Wildau studiert werden. In einigen Fällen werden die oben genannten Studiengänge auch auf Englisch angeboten (z. B. Mathematik und Informatik). Eine Grafik mit Zahlen der aktuellen Studienanfänger:innen ist im Anhang aufgeführt.
  19. DSGVO: Datenschutz-Grundverordnung, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Digitale-Welt/europaeische-datenschutzgrundverordnung.html