Rahmenbedingungen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Brandenburg

 

Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Einführung und Nutzung von KI-Anwendungen in brandenburgischen Unternehmen in den kommenden Jahren können insgesamt als gut angesehen werden. Dies gilt sowohl für Unternehmen, die KI im Rahmen der Automatisierung ihrer Geschäftsprozesse nutzen als auch für Unternehmen und Start-ups, die KI-basierte Angebote entwickeln. So verfügt das Land Brandenburg über eine starke Hochschullandschaft mit etablierter KI-Forschung, die auf bereits bestehende bzw. im Aufbau befindliche Forschungs- und Transferinitiativen zur Digitalisierung mit KI-Schwerpunkten zurückgreifen kann. Für Unternehmen, die sich mit der Nutzung von KI-Anwendungen auseinandersetzen wollen, stehen Transfereinrichtungen wie das von Berlin und Brandenburg gemeinsam betriebene Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft, der MediaTech Hub Potsdam, das Digitalwerk in Werder oder das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Cottbus als etablierte und den Unternehmen bekannte Akteure zur Verfügung, die miteinander vernetzt sind und sich austauschen.

Die Anbieter von KI-Anwendungen profitieren bei der Suche nach Fachkräften, Kapital oder Umsetzungspartnern besonders von der geografischen Nähe zu Berlin. Schon jetzt werben sie mit dem Standort Metropolregion Berlin-Brandenburg gezielt IT-Fachkräfte aus dem Ausland an. Darüber hinaus unterstützt das Land Brandenburg mit verschiedenen Maßnahmen den flächendeckenden Ausbau der digitalen Mobilfunk- und Breitbandinfrastruktur. Im Bereich der Verfügbarkeit von lokalen Rechenzentren gibt es jedoch noch Entwicklungspotenzial: Hier besteht die Möglichkeit einer gezielten Ansiedlung in der Lausitz, für deren Aufbau und Entwicklung vorhandene Strukturfördermittel eingesetzt werden können.

Dass für den Bereich der KI-Nutzung ein kontinuierlicher Handlungsbedarf besteht, zeigen die Zahlen der Innovationserhebung Brandenburg des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Laut der Studie aus dem Jahr 2019 kommen lediglich in 5,6 Prozent der brandenburgischen Unternehmen KI-Anwendungen zum Einsatz. Eine weitere Erhebung des ZEW aus dem Jahr 2020 zeigt zudem, dass 19 Prozent der brandenburgischen Unternehmen der Nutzung von Maschinellem Lernen (ML) oder KI eine geringe und nur 3 Prozent hohe Bedeutung attestieren.[1]

 

Herausforderungen und Hemmnisse für den KI-Einsatz im Land Brandenburg

 

Was die Entwicklung und Implementierung datenbasierter Prozesse in vielen brandenburgischen Unternehmen hemmt, ist ein Mangel an Ressourcen sowie an Eigenkapital. Dies und der Umstand, dass die brandenburgische Wirtschaft eher durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt ist, hat zur Folge, dass der notwendige Grad der Digitalisierung zur Nutzung von KI-basierten Anwendungen nur zum Teil vorhanden ist und ihr Mehrwert in den Unternehmen meist noch nicht erkannt wird. Hierfür fehlen zum Teil auch regionale Kontakte „in direkter Nachbarschaft“, bei denen anhand von Best-Practice-Beispielen gelernt werden kann. Obgleich die Akteurslandschaft für das Thema KI im Land Brandenburg eher klein und fragmentiert ist, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich in der Metropolregion Berlin-Brandenburg mit dem Land Berlin international als Start-up Center Europe zu positionieren und KI-Aktivitäten in enger Kooperation mit der Digitalwirtschaftsszene Berlins voranzutreiben. Durch die räumlichen Voraussetzungen sind weitreichende Möglichkeiten gegeben, Testfelder in einem geografisch vielseitigen Gebiet für die Erprobung von KI-Entwicklungen aufzusetzen.

Bei der Entwicklung von KI-Anwendungen ist es sinnvoll, sich auf bereits bestehende Kompetenzen und Schwerpunktthemen zu fokussieren, die im Land Brandenburg gegeben sind. Zu diesen Schwerpunktthemen zählen u. a. Branchen, in denen – nicht zuletzt im Rahmen von etablierten Clusterinitiativen – bereits vielversprechende KI-Aktivitäten angeschoben wurden. Hervorzuheben sind hier die folgenden Branchen[2]:

  • Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), Medien- und Kreativwirtschaft
  • Gesundheitswirtschaft
  • Verkehr, Mobilität und Logistik
  • Umwelt- und Energiebranche

Aber auch der Landwirtschaft bietet das Land Brandenburg gute Rahmenbedingungen zur Entwicklung und Erprobung von KI-Anwendungen.

 

Zielstellung der Strategie

 

Die Strategie verfolgt drei übergeordnete Ziele:

  • Die Marktchancen für KI-Technologien und ihren Einsatz verbessern
  • Die Risiken bei der Einführung von KI-Anwendungen minimieren
  • Erfahrungen aus der Praxis in die Landesstrategie fortlaufend einfließen lassen

Bei der Umsetzung der Ziele soll nicht nur die Optimierung von Geschäftsprozessen, sondern auch die Beförderung von Guter Arbeit berücksichtigt werden.

Für brandenburgische Unternehmen, die KI-basierte Anwendungen anbieten, ist das Ziel, den Akteuren unter anderem über die Vernetzung mit der Berliner Digitalwirtschaft einen einfachen Zugang zu Entwicklungspartnern und Investoren auch auf internationaler Ebene zu öffnen. Gleichzeitig sollen Erprobungsmöglichkeiten durch Testfelder mit flexiblen Rahmenbedingungen entstehen, aus denen in der Metropolregion Berlin-Brandenburg Leuchtturmprojekte mit einer großen Strahlkraft hervorgehen können.

Darüber hinaus soll das Ziel unterstützt werden, denjenigen Unternehmen, die KI-basierte Anwendungen einführen wollen, eine durchgehende Betreuung und Vernetzung zu gewähren – im Idealfall von der ersten Idee über die Sensibilisierung bis hin zum Produktivbetrieb. Damit würde auch bei allgemeinen Hemmnissen und Risiken eine begleitende Unterstützung zur Risikominimierung angeboten werden.

Mit Unterstützung und speziell auf Kleinst- und Kleinunternehmen abgestimmten Maßnahmen wie auch Strukturen hat das Land Brandenburg die Chance, sich als Modellbundesland im Sinne von Best Practice für die Einführung von KI in einem Flächenland mit kleinteiliger Unternehmenslandschaft zu positionieren. Ein weiteres Ziel ist, die Absicherung und die wirtschaftsspezifische Konkretisierung des Strategieprozesses zum KI-Einsatz für das Land Brandenburg durch die gewonnenen Erfahrungen kontinuierlich zu unterstützen.

Zum Erreichen der Ziele werden im Rahmen der acht nachfolgenden Handlungsfelder verschiedene Maßnahmen formuliert und forciert:

  • Digitale Infrastruktur: Um für den sich entwickelnden Markt der Rechen- und Datenzentren für KI-Entwicklungen bessere Bedingungen zu bieten, unterstützt das MWAE das Bemühen, allen Bürger:innen bis zum Jahr 2023 den Zugang zu schnellem Internet zu gewähren (Recht auf schnelles Internet – RASI) und arbeitet aktiv im Beirat der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft mit, um den Bürger:innen bis zum Jahr 2025 ein schnelles Mobilfunknetz gemäß des Standards 5G anbieten zu können. Gleichzeitig werden Maßnahmen eingeleitet, die in den Auf- und Ausbau von Rechenzentren münden und im Betrieb international konkurrenzfähig sein werden.
  • Best Practice und Leuchttürme: KI-Projekte in Kleinunternehmen sollen systematisch gefördert und zu regionalen Best-Practice-Beispielen entwickelt werden, die weitere Unternehmen für den Einsatz von KI-Anwendungen sensibilisieren. Während Best-Practice-Beispiele zur Sichtbarmachung des Anwendungspotenzials in der Breite dienen, dienen Leuchtturmprojekte der Sichtbarmachung des Anwendungspotenzials in der Spitze. Neben der Initiierung von KI-Leuchttürmen soll zusätzlich die Implementierung von KI-Methoden im Rahmen von Testfeldern unterstützt werden.
  • Vernetzung: Um eine kritische Anzahl von Unternehmen in Sensibilisierungs- und Umsetzungsaktivitäten sowie Qualifikationsmaßnahmen zu bringen, sind gezielte Aktivitäten der Vernetzung notwendig, die auf einen Ausbau existierender Vernetzungs- und Beratungsangebote zur Digitalisierung für Unternehmen abzielen. Neben dieser Vernetzung gilt es auch, die verschiedenen KI-Akteure zu vernetzen, sei es, dass wissenschaftliche Akteure stärker mit Unternehmen vernetzt werden oder brandenburgische Akteure mit der Berliner Digitalisierungswirtschaft.
  • Sensibilisierung: Zur Sensibilisierung werden als Maßnahmen die zielgruppengerechte Aufbereitung von Informationen zu Wertschöpfungs- und Anwendungspotenzialen sowie entsprechende Informationsveranstaltungen wie auch der Ausbau der Vernetzungs- und Beratungsangebote unterstützt. Zur Koordination der Kontakte und Aktivitäten soll eine zentrale Anlaufstelle KI eingerichtet werden.
  • Kompetenzaufbau: Um den dringend notwendigen Kompetenzaufbau, der die unternehmensspezifischen Bedarfe berücksichtigt, für die Einführung und den Betrieb von KI-Anwendungen sicherzustellen, gilt es, für die KI-spezifischen Kompetenzen, die Angebote der etablierten Transferakteure im Bereich Digitalisierung auf- und auszubauen.
  • Förderbedingungen: Damit Pilotprojekte in den Klein- und Kleinstfirmen mit Hilfe von Fördermitteln erfolgreich implementiert werden können, ist es notwendig, die Fördermaßnahmen sichtbarer zu machen und weiterzuentwickeln. Damit dies passieren kann, müssen zunächst die bestehenden Förderinstrumente auf Optimierungsmöglichkeiten geprüft werden. Zudem sollen Synergien mit europäischen und nationalen Förderprogrammen erschlossen werden.
  • Gute Arbeit: Die Einführung von KI-Anwendungen erlaubt es Firmen im Rahmen des hierfür erforderlichen Changemanagements, Aspekte der Guten Arbeit aktiv in einen beteiligungsorientierten KI-Implementierungsprozesses einzubinden.
  • Übergeordnete Maßnahmen: Neben den Aktivitäten auf der Ebene der Wirtschaftstreibenden sind noch weitere Austausch- und Strategieaktivitäten auf der politischen Ebene anzustoßen.

 

Zusammenfassung

 

Die größten Potenziale für brandenburgische Unternehmen, die KI-basierte Lösungen anbieten, liegen in einer deutlich stärkeren Vernetzung mit der Berliner Digitalwirtschaftsszene und internationalen Akteuren sowie einer stärkeren Positionierung als KI-Akteur in der Metropolregion Berlin-Brandenburg. So ließen sich möglicherweise auch überregionale oder internationale Unternehmen, die KI-Anwendungen entwickeln und erproben wollen, über potenzielle Testfelder in den brandenburgischen Teil der Metropolregion Berlin-Brandenburg holen.

Als strategisch besonders herausfordernd stellt sich die Einführung von KI-Anwendungen in der Breite der brandenburgischen Unternehmen dar: Neben den allgemeinen Hemmnissen und Herausforderungen, mit denen Unternehmen bei der Einführung von KI-Anwendungen generell konfrontiert sind, steht das Land Brandenburg zusätzlich vor den spezifischen Herausforderungen eines Flächenlands, das stark geprägt ist von Klein- und Kleinstunternehmen. Hieraus ergeben sich eine Vielzahl an möglichen Maßnahmen, die an den identifizierten acht Handlungsfeldern ansetzen.

 

 

 

[1] Brandenburgische Unternehmen verschiedener Größe, die KI-Anwendungen schon heute einsetzen, sind beispielsweise die Lausitzer Energie AG, die zusammen mit dem KI-Anbieter ABB eine KI-basierte Software für Band-anlagen entwickelt, oder ein lokaler Friseursalon, der einen Sprachassistenten zur Terminplanung einsetzt. Darüber hinaus haben sich in den vergangenen Jahren mehrere brandenburgische Unternehmen etabliert, die eigens entwickelte KI-Anwendungen anbieten.

[2] Siehe hierzu auch die Auswertung zu den KI-Akteuren in Brandenburg nach Branchenzugehörigkeit auf S. 16.